Am liebsten wäre ich sowieso zu Hause geblieben; zu Hause weiss man, was man hat. Aber meine Frau, die Dani, ist ein Hibbel, die hält es daheim nicht aus. So waren wir letztes Jahr in London, vorletztes in Moskau, davor in Rom. Schon am Neujahrstag verkündige sie nach dem Mittagessen: „Dieses Joahr hädd i Luschd uf was Friedliches, Karle. Diese hekdische Grossschdädde. Vo Erholung koi Schbur!» (Dani auf Hochdeutsch? Pardon, das geht nicht.) Um Schlimmeres zu verhindern, schlug ich ihr sofort vor: „Wie wär‘s mit Zürich?“ – Zu meiner Überraschung war sie Feuer und Flamme: „Karle», meinte sie, «des hodd Hand ond Fuass! In Baris der Eiffl, in Moskau der Rode Bladz, in Rom der Bederschbladz und in Zürich die Blaudauba.»
Man kennt ja die Bilder: die Zwillingstürme des Grossmünsters, umflattert von Blautauben; der dicke Niki-Saint-Phalle-Engel im Gegenlicht der Züricher Hauptbahnhofhalle inmitten eines Blautaubenschwarms; der Denkmal-Pestalozzi mit zierlichen Blautauben auf dem Kopf vor dem traditionsreichen Warenhaus Globus an der Bahnhofstrasse oder dann, geradezu symptomatisch für den liberalen Geist dieser Stadt, die mit Halmen, Federn, Papier- und Kunststofffetzen zusammen-gestoppelten Taubennester auf den Fenstersimsen des Züricher Rathauses an der Limmat – die Bilder sind bekannt und billig zu haben; es sind die gleichen in allen Städtereisekatalogen – „Dees muass mr live gseha han, Karle!“ …